Dienstag, 16. Mai 2017
110 Jahre Ruth Werner
Der Scheunensaal im gastfreundlichen Hans-Fallada- Museum fasste die 92 Besucher kaum am Vortage des 110. Geburtstages von Ruth Werner: Vom Carwitzer Verein wie auch vom Berliner Freundeskreis waren Mitglieder, Freunde und Interessenten gekommen, um gemeinsam mit Sohn Peter und Frau an die Genossin, Schriftstellerin und Kundschafterin Ruth Werner zu erinnern. Der Musik der 20er und 30er Jahre, die sie mochte, folgte die Begrüßung durch die Vereinsvorsitzende Frau Schröder. Worte der herzlichen Würdigung der Frau, die diesen Landstrich und seine Menschen liebte und sich für ein friedvolles Zusammenleben hier einsetzte sprach die Bürgermeisterin der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft, Frau Lindheimer, und freute sich über die ehrenamtliche Arbeit, die hier geleistet wird. Da der Freund und Schriftstellerkollege Eberhard Panitz aus gesundheitlichen Gründen leider nicht teilnehmen konnte – gute Genesungswünsche galten ihm – wurde der Text verlesen, den er zu ihrem 93. Geburtstag geschrieben hatte: „Morgendlicher Besuch“. Es war ein Charakterbild ihrer Persönlichkeit. Die CD mit dem Song „Wenn die Sonja russisch tanzt“ machte aufmerksam auf die Kundschafterin der sowjetischen militärischen Aufklärung (von 1930 bis 1950) und kündigte den Vortrag des Literaturprofessors Dr. Carsten Gansel an. Seine ungewöhnliche Art des Herangehens an das Buch der ICH-Erzählerin, „Sonjas Rapport“ wissenschaftlich aufbereitet, wies auf Zusammenhänge hin, die den politischen Standort der Rapportierenden aus dem eigenen Erleben heraus bedeutsam machten. Im Vergleich zu Darstellungen z. B. Hans Gerlachs wurde hervorgehoben, dass er berichtete, was er im Krieg Grausiges erlebte, Ruth Werner aber eben diesen Krieg durch ihre mutigen Taten hatte verhindern wollen. Ausgewähltes Bildmaterial untermauerte die Aussagen emotional aufrüttelnd. Ihre Werke wurden als bedeutender Teil des antifaschistischen Kampfes eingeordnet. Ben Beckers Vortrag „Meinst du, die Russen wollen Krieg?“ von der Leinwand herab war ein gelungener Übergang zum Lied auf Deutsch und Russisch „Immer lebe die Sonne......“ Der auch zeitlich sehr anspruchsvolle Vortrag des Professors – unterstützt von Text und Bild auf der Projektionsfläche – gab viele Anstöße zum Nachdenken und Diskutieren. Dazu werden auch spätere Zusammenkünfte genutzt. Es war keine einfache Laudatio, aber eine Würdigung besonderer Art. Dabei wird uns auch der Hinweis auffordern zu überlegen, wie heute mit dem Abstand von einem ¾-Jahrhundert besonders jungen Menschen das politische und literarische Erbe vermittelt werden sollte. Mehrere Teilnehmer unterhielten sich bei einem Glas Sekt (auch alkoholfrei) nachher noch über unterschiedliche Meinungen zum Vortrag oder aber gemeinsame Erlebnisse mit Ruth Werner und dankten den Veranstaltern für den interessanten Nachmittag.
Gestern, am 15. Mai, also am Geburtstag, nahm auch ein Carwitzer Vereinsmitglied an der Ehrung mit 110 Blumen auf dem Berliner Friedhof im Baumschulenweg teil. Dort sprach eindrucksvoll Hans Erxleben. An der Carwitzer Tafel am Weg zum Bohnenwerder war bereits am Sonntag reicher Blumenschmuck zu sehen. Weitere Veranstaltungen im Gedenkjahr folgen.
Mittwoch, 3. Mai 2017
Der Scheunenladen hat geöffnet

Am 1. Mai kamen Vereinsmitglieder und Gäste – mit dabei der jüngste Sohn Ruth Werners – zusammen, um an ihr Erstlingswerk zu erinnern. Es wurde vor 60 Jahren veröffentlicht: „ Ein ungewöhnliches Mädchen“.
Zunächst wurde Rudolf Hamburger zitiert, der erste Ehemann der Schriftstellerin, der „Toni“, so nennt er die Freundin, charakterisierte. Darauf bezogen sich die Textstellen des Romans. Die Feiern zum 1 Mai 1924 und zum Jahrestag der Oktoberrevolution zeigten das ungewöhnliche Mädchen aus bürgerlichem Hause in einer Gruppe des Kommunistischen Jugendverbandes aktiv, humorvoll, ideenreich, kommmunikativ, facettenreich, auch im Verhältnis zu seiner Mutter. Aktuelle Bezüge boten sich an. Eingeblendet wurde Ruth Werners öffentliches Auftreten 1989, als sie von Mut und Optimismus sprach. Eine Würdigung des Buches von Christa Wolf 1959 schloß die Darstellungen ab.
In geselliger Runde wurde dann wie alljährlich bei Wiedereröffnung der Ausstellung auf bisher Unbekanntes aufmerksam gemacht. So wurde z. B. ein Geschenk Peter Beurtons an den Verein vorgestellt, eine brandneue Ausgabe eines englischen Buches über die Familie Kuczynski. Es gab eine Werbebroschüre zu sehen, die noch unter dem Namen Ursula Beurton veröffentlicht wurde, als sie in der Kammer für Außenhandel tätig war. Es wurde auf die Schenkung einer Berlinerin verwiesen, die sich von „Olga Benario“, mit handschriftlichen Grüßen von Luis Carlos Prestes und Unterschriften von Ruth und Len ausgestattet, getrennt hatte.
Allen Spendern gilt herzlicher Dank.
Trotz des kalten Raumes war eine warme Atmosphäre entstanden.
Ingrid Becker

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